Kürzlich hörte ich irgendwo mit halben Ohr: „Count your blessings.“ Und schwupps kam mir der Gedanke: ‚Ja, ja, Blessuren habe ich genug, die kann ich ja mal zählen!’ Aber nein, zu schnell gedacht: Das englische Wort blessings hat nichts mit dem französischen Wort blessure zu tun. Statt um Verletzungen geht es um Segnungen, das Gute, was einem widerfahren ist.
Das Thema Dankbarkeit ist zurzeit ja besonders aktuell. Wir haben Auflagen zu beachten, und viele leiden unter der zwischenmenschlichen und damit emotionalen Distanz. Auf die Nähe, die uns bislang gestärkt und aufgerichtet hat, müssen wir trotz zunehmender Regellockerungen schmerzlich verzichten. Da geht es rasch mit dem schnellen Denken auf die Abwärtsspirale der deprimierenden Gedanken. Dankbarkeit wahrzunehmen, ist ein wirksames Mittel dagegen.
Wechseln Sie dazu mal die Perspektive und sehen Sie sich selbst als eine andere Person, mit der Sie befreundet sind. Was würden Sie sich sagen? Gibt es in dem Schlechten, das diese Freundin wahrnimmt, auch etwas Gutes? Und was ist das konkret?
Count your blessings richtet den Fokus genau darauf. Eine Alltagsübung dazu ist, sich täglich am Abend drei Dinge zu notieren, die gut oder schön empfunden wurden. Und wichtig: Nicht nur denken, sondern aufschreiben, mit der Hand auf Papier. Ich höre inzwischen von Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen, dass sie mit dieser täglichen Praxis gute Erfahrungen machen. Und es benötigt nur fünf Minuten.
Fünf Minuten für: Den Regen oder den Sonnenschein. Den Wind. Eine Blüte, eine Hummel. Eine Katze von links oder rechts, die Meisen auf den Zweigen. Ein belebendes Getränk und der Genuss einer Mahlzeit. Einen Plan, der gelungen ist. Einen freundlichen Blick, eine lustige Begebenheit. Etwas, das ein Lächeln auf das Gesicht zaubert oder zum Lachen bringt.
Das sind schon ganz schön viele Segnungen, und sie sind es wert, gezählt zu werden.