Was kennen Sie, das bedingungslos gegeben ist? Leben, Luft und Licht – ja, das gibt es für alle einfach so. Liebe, Wasser, Essen, Schutz und Unterkunft bereits nicht mehr. Und ein Einkommen, von dem man das Allerwichtigste verlässlich bestreiten kann, schon mal gar nicht. Da liegen die kleinen und großen Hamsterräder, aus denen viele entfliehen möchten. Seitdem ich den Film meiner Freundin Nicki Brock Können + Wollen statt Müssen + Sollen kenne und schätze, unterstütze ich die Initiative experiment-grundeinkommen.de. Sie sammelt derzeit in einigen Bundesländern Unterschriften. Nicki Brock hat inzwischen zu ihrem Film auch ein Kindle-Buch veröffentlicht – beides empfehle ich sehr. Der Rahmen des bedingungslosen Grundeinkommens ist ein großer, er rüttelt an den Grundfesten der Gesellschaft, wie wir sie kennen und für richtig halten. Es geht um Leistung, die wertgeschätzt = honoriert wird. Und je höher das Honorar, desto wertvoller finden wir die Leistung.
Bedingungslosigkeit in einem scheinbar anderen Zusammenhang hat schon Carl Rogers gefordert. Er etablierte in den 1960er Jahren für seine klientenzentrierte Therapie und Beratung die Grundhaltung der bedingungslosen positiven Wertschätzung. Echt jetzt? Ohne eine Bedingung soll ich mein Gegenüber positiv wertschätzen? Das ich womöglich nicht mag, sogar ganz scheußlich finde? Das Schlimmes getan hat und dessen Werte ganz im Gegensatz zu meinen stehen? Die gängige Haltung ist doch diese: Wer lieb und nett ist, tolle Ideen hat, andere mitreißt, fleißig ist, ein hohes Einkommen generiert und etwas Wertvolles schafft, der erfüllt die notwendigen Bedingungen, um wertgeschätzt zu werden. Es ist etwas wert.
Merken Sie, wohin das führt? Es führt direkt zum Selbstwert. Die Mehrzahl emotionaler Probleme fußt auf einer ungeprüften und unlogischen Definition vom Wert eines Menschen. „Wenn ich das und das mache/unterlasse, bin ich weniger/mehr wert“, dieses Konzept wenden viele Menschen automatisch an.
Und führt diese Haltung zum Wohlergehen? Ganz klar: Nein! Wer möchte, dass es ihm besser geht, muss sich mit dem Thema Selbstwert ausführlich befassen. Die erste Frage ist: „Wie bestimmen Sie den Wert eines Menschen?“ Und in der dazu manchmal sehr langwierigen Diskussion finden sich persönliche Vorlieben, Geschmäcker und Werte – aber tatsächlich kein einziges universelles Kriterium, keine Bedingung, mit dem sich der Wert eines Menschen festlegen ließe.
Wer das erkennt und sich zueigen macht, hat den ersten Schritt zu einem besseren Umgang mit sich und seiner Welt gemacht. Dieser erste Schritt ist nicht einfach, denn auch die Bedingungslosigkeit im Umgang mit sich und den anderen Menschen rüttelt an Grundfesten der Gesellschaft, wie wir sie kennen und für richtig halten. Aber seien Sie versichert: Es geht. Und es führt zu einer erstaunlichen Gelassenheit, die Sie sich wie viele wünschen.