Sie haben bestimmt in vielen Dingen des Alltags Routine, machen das ohne große Überlegung so, dass es selbstverständlich zu dem beabsichtigten Ergebnis führt: Kaffee kochen, Frühstück machen, zur Arbeit fahren und so weiter. Oft merken wir es nicht, dass wir diese Vorgänge vor allem durch eingeübte Abfolgen so erfolgreich ausführen. Ich weiß von meinen allerersten eigenen Autofahrten, wie angespannt und aufgeregt ich war, um so wenig Fehler wie möglich zu machen. Und eine andere Routine, nämlich die Benutzung meiner rechten Hand, wurde mir bewusst, als ich ihn nach einem Bruch in Gips hatte. Da musste ich für einige Alltagsabläufe entweder tricksen oder um Hilfe bitten.
Und um nicht in ihren Routinen zu ersticken, unternehmen viele Menschen Hobbys, Reisen und andere Projekte. Mal rauskommen aus dem Trott, staunen über das Fremde und Unbekannte. Ich mache das auch gerne und erinnere mich an die Seitenpfade in Venedig, wo ich bis heute staune über die aufgehängte Wäsche über den kleinen Seitenkanälen. Was für die Einheimischen normale Routine ist, finden andere – wie ich – total exotisch.
Seltsam wird es für mich dann, wenn auch das Ausbrechen aus der Routine zur Routine wird. So wie im Spruch von Kurt Tucholsky, der meinte, dass die meisten Leute Weihnachten feiern, weil die meisten Leute Weihnachten feiern. Ersetze Weihnachten wahlweise durch Verreisen, Wohnmobil kaufen, Schiffskreuzfahrten, Fernflugreisen. Es wird etwas getan, weil es andere getan und damit gute Erfahrungen hatten. Soweit okay. Seltsam wird es, wenn es den Handelnden vor allem um die Anerkennung ihres Handelns durch andere geht, sie das also tun, um dazuzugehören. Ich finde, dass man immer dann, wenn man die Meinung der Mehrheit teilt, aufmerken und überlegen sollte, ob es einem da noch die eigenen Wünsche und Ansichten geht. Dieses Denken ist das Wichtigste, um aus Routinen auszubrechen – oder sie als wunderbare Helfer wertzuschätzen.