Komfortzonen

5. Januar 2023

Komfortzonen

Mir geht die sagenhafte Komfortzone gehörig auf den Nerv. Jeder, der Karriere machen will, muss unbedingt die Komfortzone verlassen, so heißt es. Also wird performt, gechallenget, geackert, getrommelt, gepunktet und der Traum gelebt. Das mit dem Hinterfragen kann man überspringen, weil klingt ja logisch. Ich halte das Verlassen der Komfortzone für Dampfplauderei um der gesellschaftlichen Konformität willen.

Oft ist es leider auch eine Steilvorlage für selbstschädigendes Verhalten. Denn nicht wenige Menschen mit Ambitionen missachten ihre Werte und Wünsche, ihr Wohl und ihren Körper, nur um vorne dabei zu sein. Sie sind passende Kandidaten für Burnout und Depression, Angst und Panik oder Rücken und Herzrasen – und können sich gar nicht erklären, wie es dazu gekommen ist. Ich habe aufrichtige Verwunderung erlebt, die sehr glaubhaft war. Wenn mir diese Personen ihre Vorgeschichte aus der Angstzone erzählten, steckte mich die Überforderung gleich mit an. Von außen war leicht zu sehen, warum diese Person in die Krise geriet.

Es gilt also, auch das eigene Wohl im Blick zu behalten. Aber wie passt das zur Komfortzone, was ist genau gemeint? Wikipedia definiert die Komfortzone als den durch Bequemlichkeit und Risikofreiheit geprägten Bereich des Lebens. Das finde ich seltsam: Wo erleben Menschen diesen Bereich zuverlässig und dauerhaft? Spätestens haben erst Corona und dann der Krieg in Europa gezeigt, wie wenig es diese Sicherheit im Leben gibt.

Aber egal, zumindest temporär wird es diesen Bereich geben. Ich finde es nicht verkehrt, ihn zu genießen, um sich von dem anstrengenden Teil des Alltags zu erholen. Wenn es zu viel Erholung und zu wenig Anstrengung im Leben gibt, sind Herausforderungen jenseits der Bequemlichkeit durchaus angebracht. Die Gefahr besteht im Schwarz-Weiß-Denken, im von Null auf Hundert. Mangels Training gerät man in die Gefahr der Überforderung und Überlastung, mit den oben beschriebenen Risiken.

Ich möchte an die Stelle der Komfortzone lieber den Inneren Kreis setzen. Um ihn lege ich die grüne Wachstumszone, in der Neues und Unbekanntes zu finden ist. Diese Zone regelmäßig aufzusuchen ist clever, um sich zu erproben und zu trainieren. Dabei gerät man auch mal in die äußere rote Angstzone und weiß dann, wie es jenseits der Grenzen aussieht. Mit der gewonnenen Erfahrung wird deutlich, was für einen machbar ist. Die Mischung aus Engagement und Leichtigkeit ermöglicht herauszufinden, was einem gefällt und was man wirklich gut kann. So wird relativ ungefährdet das Profil geschärft und der Innere Kreis wächst. Und dann darf man sich zwischendrin einfach auch mal auf seinen Erfolgen ausruhen und sie feiern. Das verstehe ich unter Komfortzone.