Herz und Leber

13. Oktober 2022

Herz und Leber

„Wer Sorgen hat, hat auch Likör“, schrieb Wilhelm Busch, der seine aufmerksamen Beobachtungen in pointierte Sätze packen konnte. Die Idee, die Sorgen zu ertränken, funktioniert zu Beginn auch ganz hervorragend. Alkohol wirkt anregend und entspannend, hebt die Stimmung und senkt Hemmungen und Angst. Neurowissenschaftlich wird die positive Wirkung im Belohnungszentrum erzeugt, über den Botenstoff Dopamin an Gehirnstrukturen wie den sagenhaften Nucleus accumbens.

Die unkritische Haltung zum Alkohol ist in unserer Gesellschaft sehr verbreitet. Wir verwenden ihn für alle möglichen Gelegenheiten: Wir feiern und stoßen auf Erfolge an, gönnen uns Schoppen, Cocktails oder Feierabendbiere. Wer nicht trinkt oder trinken darf, hat es inzwischen viel einfacher, in Gesellschaft nicht negativ aufzufallen, da es längst akzeptable alkoholfreie Varianten gibt.

Die statistischen Daten zur Droge Alkohol sind beeindruckend: Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung trinken Alkohol und bei 9 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung in Deutschland liegt ein problematischer Alkoholkonsum vor. Ich finde das viel. Noch drastischer ist die Umrechnung auf den Pro-Kopf-Konsum: Es sollen zehn Liter reiner Alkohol sein. Hammer!! Denn wir reden hier von einem hochpotenten Nervengift, das völlig legal zu bekommen ist. Das kommt mir im Verhältnis zum pingeligen Umgang mit den auch nicht harmlosen illegalen Drogen geradezu zynisch vor.

Aber es bleibt: Die legale Droge Alkohol ist gesellschaftlich hoch anerkannt, so sehr, dass ein übermäßiger und schädlicher Gebrauch lange nicht auffällt. Das Gift wirkt zerstörerisch auf besagte Organe Leber und Herz, aber ebenso auf das Gehirn und die Psyche.

Was kann man tun? Sich ein Herz fassen und den Teufelskreis durchbrechen. Wie bei allem, was wir nicht kennen, brauchen wir Information und Hilfe. Für den Einstieg für Betroffene und Angehörige empfehle ich das Buch „Lieber schlau als blau“, dass immer wieder überarbeitet und auf den neusten Stand gebracht wird. Von dort findet jeder heraus, welchen Weg er oder sie gehen kann und welche Schritte dafür zu gehen sind.

Wie auch immer: Wer es schafft, sich konsequent vom Drogenkonsum zu verabschieden und trocken zu sein, hat meine uneingeschränkte, tief empfundene Bewunderung.