Leicht anfangen

7. Juli 2022

Leicht anfangen

Aller Anfang ist schwer, sagt ein altes Sprichwort, und beschert uns damit eine negative Affirmation. Blöd ist das. Wenn der Fokus der Vorausschau auf den Schwierigkeiten liegt, dann kann die Freude über die Möglichkeiten eines Anfangs gar nicht entstehen. Anders gesagt: Wenn wir glauben, dass Anfänge schwer sind, wird unser Mindset dadurch geprägt. Wir werden deshalb Anfänge immer schwer finden und sie deswegen vermeiden. Zack – da ist sie: Eine selbst erfüllende Prophezeiung.

Das Fitness-Studio, das mit dem leichten Anfang wirbt, agiert klug und verspricht Machbarkeit. Ja, warum auch nicht. Wer sagt denn, dass etwas Neues nicht leicht sein darf. Mit eigener oder fremder Anleitung, die aus kleinen, gut zu bewältigenden Schritten besteht, fühlt sich eine Veränderung gar nicht schwierig an. Erste Erfolge sind dabei gleich inbegriffen.

Mit zu weit reichender Vorausschau macht man sich also unnötig Angst. Naiv bleiben hat durchaus Vorteile. Ich bin selbst ein gutes Beispiel dafür: Dass jeder im Psychologiestudium einigen Prüfungen in Statistik bestehen muss, wurde mir „plötzlich“ klar (ich hatte mich zu wenig informiert). Hinschmeißen war keine Option, also suchte ich mir freundliche Unterstützung, mit der ich diese Hürden nehmen konnte. Hätte ich das vor Beginn des Studiums gewusst, wäre ich angesichts meiner völlig verschwundenen Mathe-Kenntnisse bestimmt nicht couragiert genug gewesen.

Vorausschau ist notwendig und hinderlich zugleich. Es sind die kleinen Schritte, die uns zum großen Ziel bringen. Sie helfen, dass wir uns vor dem langen Weg, dem riesigen Berg oder der tiefen Schlucht nicht fürchten.

Und noch etwas ist von großer Bedeutung: Dass wir uns und andere für jeden kleinen Erfolg anerkennen und wertschätzen. Nicht erst dann, wenn wir am großen Ziel angekommen sind. Denn in Wirklichkeit wissen wir heute nicht, ob wir wirklich ankommen werden. In Wirklichkeit zählt nur das Jetzt. Anzufangen, das zu würdigen, ist wirklich ganz leicht.