Um Hilfe bitten

17. März 2022

Um Hilfe bitten

„Hilfe! Ich brauche jemanden, nicht einfach irgendwen. Als ich jünger war, brauchte ich niemals die Hilfe von wem auch immer. Doch nun sind diese Zeiten vorbei und ich bin nicht mehr so selbstsicher. Nun bemerke ich, dass ich meine Einstellung geändert und meine Türen aufgemacht habe. Hilf mir, falls du kannst, ich fühle mich niedergeschlagen und ich bin dir dankbar, dass du da bist. Hilf mir, wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Könntest du mir bitte, bitte helfen? Hilf mir! Hilf mir!“[1]

Und? Werden Sie dieser Person helfen? Wenn Sie können, vermutlich ja. Nur wie und womit, das bleibt in diesem Text offen.

Um Hilfe zu bitten, ist ein guter Schritt, denn wie in dem Text gesagt, brauchen wir alle einmal Hilfe für die Dinge, die wir nicht selbst können. Ich bemerke bei manchen Menschen, wie schwer es ihnen fällt, ihre Ratlosigkeit zu äußern. „Ich bin schwach oder inkompetent“, sind die dahinter liegenden Befürchtungen. Und das vernichtende Urteil über sich lautet: „Dann bin ich weniger Wert.“ Deshalb fällt es diesen Menschen so schwer, überhaupt um Hilfe zu bitten. Lieber krachen sie gegen die Wand und fühlen sich dann noch schlechter. Dann bildet sich die Überzeugung: „Ich bin hilflos und kann gar nichts.“ Wenn ich mich da hineinversetze, spüre ich lähmende Niedergeschlagenheit und einen entsetzlich geringen Selbstwert.

Der Disput über den Wert eines Menschen ist ein erster zentraler Punkt in der kognitiven Verhaltenstherapie. Jeder von uns hat Vorstellungen darüber, was einen Menschen wertvoll macht. Prüfen wir diese Vorstellungen wirklich ganz genau, wird uns deutlich, dass die von uns verwendeten Wertattribute nicht absolut sind. Irgendwann lässt sich jede dieser Vorstellungen widerlegen. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass es einen allgemeingültigen „Wert eines Menschen“ nicht gibt. Die verwendeten Werte sind allein Ausdruck des individuellen, persönlichen Geschmacks über das Leben.

Wer das kapiert, erkennt sogleich, dass das auch für den eigenen Wert, den Selbstwert gilt. Um etwas zu bitten und sich dabei schlecht zu fühlen, ist also nicht in Stein gemeißelt. Die Veränderung braucht kleine Schritte. Durch sie wächst die Erkenntnis, dass etwas nicht zu können, überhaupt nicht verwerflich ist. Mit diesem neuen Denken fällt es leichter, Hilfe anzunehmen. Wenn das gelingt, freuen sich gleich zwei Personen: Die, die hilft, ebenso wie die, der geholfen wird.

 

[1] Eingekürzte deutsche Übersetzung des Songs „Help“ von den Beatles