„Die haben damals einiges nicht richtig gemacht und auch vieles falsch gemacht.“ Ah ja. Was jetzt noch als richtig übrig bleibt, habe ich in dem Beitrag über die Arbeit der Treuhand leider nicht gehört.
Klar, kaum einer mag es, wenn er etwas falsch macht. Fehler machen kein gutes Gefühl. Dieses „oh wie doof“ im Kopf kann sich hartnäckig halten und die gute Laune vermiesen. Manchmal kostet eine falsche Entscheidung Geld, den guten Ruf oder das Vertrauen, das man doch so gerne hätte. Hinterher ist man immer schlauer und die anderen wussten es ohnehin gleich besser.
In Unternehmen ist die Toleranz gegenüber Fehlern sehr unterschiedlich. Manche schätzen Fehler, weil sie wissen, dass nur durch Fehlschläge die Weiterentwicklung eines Verfahrens möglich wird. Andere halten Fehler für unverzeihlich, weil sie den hohen Anspruch an das Produkt untergräbt. Für sie sind hochgesteckte Messlatten und immenser Druck der entscheidende Weg zum Erfolg.
Meine persönliche Neigung und Philosophie geht ganz klar zur Fehlerfreundlichkeit. Denn sie ermöglicht es jeder einzelnen Person, sich freier und mit weniger Druck dafür einzusetzen, ihr Bestmögliches zu leisten. Diese Lockerheit weitet die vermeintlichen Grenzen des eigenen Leistungsvermögens. Sie bringt Gelegenheiten zum Miteinander-Lernen und erlaubt den Austausch von Erfahrungen und Ideen. Und dann entdeckt man, was jemand gut kann und wo er mit etwas Unterstützung seine Fertigkeiten verbessern kann. Fehlerfreundlichkeit basiert auf gelebter Kooperation. Und die wiederum vermag eine gute Kultur der Kritik und Ermutigung zu erzeugen.
Führungskräfte und Unternehmen, denen das gelingt, haben Mitarbeiter, die gerne mitarbeiten und die keine Angst vor der nächsten Aufgabe haben. Sie gehen miteinander und mit den Kunden freundlich und zugewandt um. Sie sagen aber ebenso klar, wenn etwas nicht machbar ist. Manchmal ist „geht nicht“ eben einfach nur „geht nicht“. Wenn das verständlich vermittelt wird, ist es auch in Ordnung so. Es ist dann wie im Sprichwort: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus.
Und was bedeutet das nun für Sie als einzelne Person? Beobachten Sie, wie Sie selbst auf Fehler reagieren. Wie sehr und lange ärgern oder schämen Sie sich, wenn Sie etwas verbockt haben? Wie reagieren Sie, wenn Sie Opfer von Fehlern anderer geworden sind? Mit Ärger, mit Abwertung? Oder sagen Sie einfach nur „schade“ und „wie kommen wir jetzt weiter“?
Ihr eigener Umgang mit Fehlern bestimmt ganz wesentlich, mit welcher Resonanz Sie im Kontakt mit anderen Menschen sind. Deswegen entdecken Sie doch mal, was hinter Ihrem Ärger steckt. Ist es die Angst – etwas zu versäumen, einer Erwartung nicht zu entsprechen, einen Fehler zu machen. Oder die Scham darüber? Warten Sie eine Weile ab und Sie werden bemerken, dass das Gefühl der Angst oder Scham abebbt. Und dann kommen Sie zu dem wahren Gefühl: Der Trauer, dass etwas verloren ging oder nicht so gelaufen ist, wie Sie es schön finden. Wenn dann auch die Trauer abebbt – und das tut sie – ist Kraft und Gelassenheit da, das Missgeschick anzunehmen.
Sie werden es merken: Das ist wirklich ein ganz stilles, gutes Gefühl, und eine innere Ruhe macht sich in Ihnen breit. Mit etwas Zeit und Übung werden Sie so zu einem ganz kleinen Buddha.
Bildnachweis: Ausschnitt aus Woman Crying (Comic) #8, 2019, von Anne Collier