Mein Smart ist Jahrgang 1999, ich habe ihn seit 2001 und nenne ihn Little Joe. Er ist das Auto, was ich am längsten besitze. In knapp zehn Jahren werde ich meinem treuen Begleiter das H-Kennzeichen für Oldtimer anheften können. Vor kurzem habe ich mit Joe den Tachostand von Hunderttausend erreicht. Die Zeit, während sich die Zahlen von Mal zu Mal diesem Wert näherten, war spannend: Ich habe jedes Mal angehalten, um zu fotografieren: 99899, 99900, 99933, 99944, 99955, 99966, 99977, 99988, 99999, 100000, 100001. Und jetzt 100100.
Dieses Achten, was der Tacho anzeigt, war für mich ein besonderer Prozess. Ich habe beim Fahren auf die Anzeige geachtet, und trotzdem ist mir ein eine tolle Zahl durchgerutscht. Das ist nun nicht wiederherzustellen. Und als die 99.999 auf die 100.000 umsprang, freute ich mich. Einige Zeit später fragte ich mich: Und jetzt? Ist irgendetwas jetzt anders? Nein, ist es nicht. Och, schade.
Dennoch: Diese triviale Spielerei macht mir bewusst, dass in Wahrheit jeder Moment besonders ist, zugleich ist er unwiderruflich und nicht wiederherzustellen. Und dabei denke ich doch wie die meisten Menschen, dass ich noch ganz viel Zeit für alles Mögliche habe. Gut – dass ich unsterblich bin, denke ich nicht mehr. Dazu ist mir inzwischen schon zu viel Krankheit und Tod begegnet. Aber andere Dinge – die mache ich dann irgendwann.
Solche Momente der Zeit sind wichtig. Sie sind Gelegenheiten zum Innehalten. Und wir können sie dafür nutzen, den laufenden Alltag und die dazugehörigen Entscheidungen zu überprüfen: Ist das immer noch richtig für mich? Fühlt es sich gut an? Dient es meinen Zielen? Habe ich andere Ideen, Ziele oder Wünsche aus den Augen verloren? Oder stecke ich in Wirklichkeit fest in einer ungeliebten Routine und weiß oder traue mich nicht, sie zu durchbrechen? Das sind häufige Themen im Coaching, und sie sind wichtig zu beantworten.
Aus Anlass meiner Tacho-Spielerei habe ich die Gedanken über Zeit und Unwiderruflichkeit an einem stillen, sonnigen Nachmittag für mich vertieft, so wie ich es auch meinen Klienten empfehle. Ergebnis war, dass ich durchaus über manchen Moment unachtsam hinweggegangen bin. Deshalb habe ich das, was noch Bedeutung für mich hat, auf Zetteln festgehalten, so eine Art Bucket-Liste. Das hängt nun zuhause gut sichtbar, um mich anzustupsen, etwas davon anzugehen.
Für einige Stichworte auf meiner Pinnwand jedoch gilt: Bedenke, was Du Dir wünschst – es könnte in Erfüllung gehen.