Emotionen in der Krise

16. April 2020

Emotionen in der Krise

Um der Anweisung auf diesem Schild zu folgen, müssen Sie nach Berlin in die Hackeschen Höfe fahren. Aber leider ist das Reisen ja erst einmal nahezu eingestellt. Auch meine Fortbildung zum Thema Stressbewältigung bei Kindern ist durch die Pandemie-Beschränkungen ausgefallen. Stattdessen lerne ich online.

Welche Emotionen haben Sie angesichts der Alltagsbeschränkungen? Ärger? Angst? Sorgen? Hoffnungslosigkeit? Galgenhumor? Gelassenheit? Ich höre in vielen Gesprächen eine sehr gemischte Gefühlslage. Vor allem, weil die Aussicht auf Verbesserung so unklar ist. Seit gestern scheint ein neuer Zeithorizont für fast Mitte Mai auf. Aber irgendwie ist schon klar, dass das nicht alles sein wird. Die gesamte Lage ist zu komplex für einfache Lösungen und Entscheidungen.

Vor diesem Hintergrund erscheint das Angebot des Schildes gar nicht mehr abwegig. Fordert es doch dazu auf, etwas anders zu machen als bislang üblich. Und die Gesellschaft ist dazu in der Lage. Die meisten Menschen schaffen es, die völlig neue Situation zu akzeptieren, sich auf die radikalen Veränderungen einzustellen und darin ihren Weg zu finden. Das ist mutig, und eine sinnvolle Alternative zu diesem Mut haben wir nicht.

Mit großer Wucht zerlegt die Krise unsere alten Pläne, Gewissheiten, Routinen und viele Quellen unseres Selbstwertes. Sie bringt uns neue Einsichten, Aussichten, Impulse und Ideen. Wir sind auf unser Selbst zurückgeworfen. Wer schon früher durch schwierige Lebensereignisse gegangen ist, kennt das bereits und kommt jetzt etwas besser als andere damit klar. Weil wir als Gesellschaft insgesamt betroffen sind, haben wir eine gute Chance, gestärkt daraus hervorzugehen. Dabei geht es um das Mitmenschliche, was sich jetzt unerwartet stark etabliert. Das menschliche Handeln wird nicht mehr unangefochten durch den ökonomischen Nutzen gesteuert werden und bereitet damit eine historische Veränderung vor.